Seit Juli 2024 gibt es bei Neuzulassungen von Personenwagen in der EU eine Pflicht auf zahlreiche Assistenzsysteme. Die Systeme sollen die Fahrerinnen und Fahrer unterstützen und damit Unfälle vermeiden.

Bei den heutigen Fahrzeugen und den immer mehr werdenden Verkehrsteilnehmenden spielen Assistenzsysteme eine zunehmend wichtige Rolle. Besonders bei Elektroautos, die als technologische Vorreiter gelten, sind diese Systeme oft bereits serienmässig integriert. Doch welche Arten von Assistenzsystemen gibt es und wie unterstützen sie Fahrerinnen und Fahrer im Alltag? Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten und den Nutzen von Assistenzsystemen in modernen Fahrzeugen.

Was sind Assistenzsysteme?

Assistenzsysteme, auch als Fahrerassistenzsysteme (FAS) bekannt, sind technologische Hilfsmittel, die darauf abzielen, die Fahrsicherheit zu erhöhen, den Fahrkomfort zu verbessern und die fahrende Person zu entlasten. Sie nutzen Sensoren, Kameras, Radar, Konnektivität und manchmal auch künstliche Intelligenz, um verschiedene Funktionen zu erfüllen. In Elektroautos sind diese Systeme oft besonders fortschrittlich und vielfältig integriert, was sie zu einem wichtigen Verkaufsargument macht.

Arten von Assistenzsystemen

Alle Assistenzsysteme mit einem Stern (*) sind per Juli 2024 bei allen neu zugelassenen Personenwagen in der EU Pflicht.

  1. Intelligenter Geschwindigkeitsassistent*
    Der intelligente Geschwindigkeitsassistent (ISA; Intelligent Speed Assistance) soll den Fahrer über einer Anzeige im Cockpit warnen, wenn er die geltende Geschwindigkeit überschreitet. Das System kann manuell deaktiviert werden. Im passiven Modus erhält der Fahrer trotzdem Informationen zu den Tempolimits angezeigt.
  2. Rückfahrassistent*
    Das System erkennt Passanten oder Hindernisse hinter dem Fahrzeug und warnt den Fahrer bei der Rückwärtsfahrt. Die Systeme basieren auf Sensor- und/oder Kamera-Informationen.
  3. Sicherheitsgurt-Warnsystem*
    Das Sicherheitsgurt-Warnsystem prüft, ob die Vorder- und Rücksitze besetzt sind und die Sicherheitsgurte nach Vorschrift angelegt wurden. Bereits seit 2021 ist die Warnung bei nicht angelegtem Sicherheitsgurt für alle neu zugelassenen Autos obligatorisch.
  4. Ereignisbezogene Datenaufzeichnung* (Black Box)
    Die «Blackbox» zeichnet und speichert Daten aus dem Zeitraum kurz vor, während und unmittelbar nach einem Zusammenstoss auf. Erfasst werden Fahrzeuggeschwindigkeit, Bremsungen, Position und Neigung des Fahrzeugs auf der Strasse, Zustand und Grad der Aktivierung aller Sicherheitssysteme, Daten aus dem eCall-System, sowie aus den aktiven Sicherheits- und Unfallvermeidungssystemen. Die Aufzeichnung und Speicherung dürfen nur im Rahmen des geschlossenen Systems erfolgen und sind anonymisiert.
  5. Notfall-Spurhalteassistent*
    Das System warnt den Fahrer, wenn das Fahrzeug ungewollt die Fahrspur verlässt. Im Gegensatz zum bekannten Spurhalteassistent (LKA; Lane Keeping Assist) greift hier der Notfall-Assistent (ELK – Emergency Lane Keeping) aggressiver ein, sobald eine Notsituation erkannt wurde. So lenkt der ELK beispielsweise dann stark ein, wenn das Fahrzeug von der Strasse abzukommen droht oder in den Gegenverkehr gerät.
  6. Adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC) 
    Die adaptive Geschwindigkeitsregelung passt die Geschwindigkeit des Fahrzeugs automatisch an den Verkehrsfluss an. Mittels Radar- oder Kamerasensoren wird der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gemessen und die Geschwindigkeit entsprechend angepasst. Dies entlastet den Fahrer besonders auf langen Autobahnfahrten und im Stop-and-Go-Verkehr.
  7. Spurhalteassistent 
    Der Spurhalteassistent (LKA; Lane Keeping Assist) überwacht die Position des Fahrzeugs innerhalb der Fahrspur. Wenn das Fahrzeug unbeabsichtigt die Fahrspur verlässt, wird der Fahrer gewarnt oder das Fahrzeug wird automatisch zurück in die Spur gelenkt. Dies ist besonders nützlich, um Unfälle durch Ablenkung oder Müdigkeit zu vermeiden.
  8. Müdigkeitswarner*
    Die EU schreibt hier nicht nur einen «hochintelligenten» Müdigkeitswarner, sondern auch ein Warnsystem bei nachlassender Konzentration vor. Der Technik-Background ist in der Verordnung nicht näher beschrieben, geht jedoch über die Einblendung einer Kaffeetasse alle zwei Stunden hinaus.
  9. Totwinkelassistent 
    Der Totwinkelassistent überwacht den Bereich neben und hinter dem Fahrzeug, der für den Fahrer schwer einsehbar ist. Ein Warnsignal ertönt oder ein Lichtsignal erscheint im Seitenspiegel, wenn sich ein Fahrzeug im toten Winkel befindet. Dies erhöht die Sicherheit beim Spurwechsel erheblich.
  10. Einparkhilfen und 360-Grad-Kamerasysteme 
    Diese Systeme erleichtern das Einparken durch akustische Warnsignale und visuelle Unterstützung. 360-Grad-Kamerasysteme bieten eine Rundumsicht um das Fahrzeug, was das Einparken in engen Räumen deutlich erleichtert und das Risiko von Parkschäden verringert.
  11. Notbremsassistent*
    Der Notbremsassistent erkennt potenzielle Kollisionen und warnt den Fahrer. Wenn der Fahrer nicht rechtzeitig reagiert, leitet das System automatisch eine Notbremsung ein. Dies kann lebensrettend sein, insbesondere in Situationen, in denen der Fahrer abgelenkt ist oder ein plötzliches Hindernis auftaucht.
  12. Notbremslicht*
    Diese «Lichtsignalfunktion» auch «adaptives Bremslicht» genannt, zeigt den anderen Verkehrsteilnehmern an, dass das vor ihnen fahrende Fahrzeug mit einer stärkeren Verzögerung abgebremst wird. Diese ist neben dem normalen Bremslicht, die zweite erlaubte Lichtart. Entsprechend blinken die Bremslichter in schneller Folge bei einer Verzögerung von über 6 m/s und Tempi jenseits von 50 km/h. Es schaltet sich auch zu, solange das ABS-System regelt. Steht das Fahrzeug, schaltet sich die Warnblinkanlage zu, das Bremslicht leuchtet dauerhaft.
  13. Verkehrszeichenerkennung 
    Dieses System erkennt Verkehrszeichen wie Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote und zeigt diese Informationen im Display an. Dies hilft dem Fahrer, die Verkehrsregeln besser einzuhalten und erhöht die Fahrsicherheit.
  14. Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre*
    Für die Stichtage 2024 müssen Personenwagen über eine standardisierte Schnittstelle verfügen, die das Nachrüsten einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre ermöglicht. Ein Kontrollgerät ist nicht Bestandteil der Verordnung und nicht weiter spezifiziert. Schon bekannte Systeme wie von Volvo arbeiten mit einem Atemalkohol-Gerät, das erst nach einer positiven Atemprobe die Zündung aktiviert.

Der Nutzen von Assistenzsystemen in Elektroautos

Elektroautos sind aufgrund ihrer technologischen Ausrichtung besonders gut geeignet für die Integration fortschrittlicher Assistenzsysteme. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Erhöhung der Sicherheit: Durch die kontinuierliche Überwachung und Unterstützung des Fahrers tragen Assistenzsysteme massgeblich zur Vermeidung von Unfällen bei.
  • Reduktion von Stress und Ermüdung: Längere Fahrten werden durch Systeme wie ACC und Spurhalteassistent weniger anstrengend, was die Ermüdung des Fahrers reduziert.
  • Effizienzsteigerung: Assistenzsysteme können den Energieverbrauch optimieren, indem sie unter anderem eine gleichmässige Geschwindigkeit aufrechterhalten oder vorausschauendes Fahren in dem die Geschwindigkeit bereits vor Kreisverkehr, Kurven oder Kreuzungen reduziert und damit unnötiges Bremsen und Beschleunigen vermieden wird.
  • Komfort: Einparkhilfen und automatisierte Fahrfunktionen steigern den Komfort und machen das Fahren entspannter.

Essenziell bei all der elektronischen Unterstützung im Fahrzeug-Cockpit ist aber, die Assistenzsysteme helfen lediglich, die Person hinter den Lenkrad ist immer noch in der vollen Verantwortung über das Fahrzeug.

Auf Assistenzsysteme kann man sich nicht immer verlassen

Wer schon Assistenzsysteme genutzt hat, hat sicher auch schon erlebt, dass diese die Situation nicht immer korrekt einschätzen und es zu Fehlentscheidungen kommen kann. Beispielsweise gibt es Kollisionswarnungen, wenn man an einem sonnigen Tag unter einer schattigen Unterführung durchfährt oder es kann zu starken Bremsmanöver kommen, wenn man etwas seitlich der Fahrspur unterwegs ist. Bei Baustellen mit unterschiedlichen, farbigen Strassenmarkierungen, kann der Spurhalteassistent nicht die richtige Spur identifizieren und gibt allenfalls Gegensteuer in die falsche Richtung. Ich habe viele solche Fälle erlebt, aber unterm Strich mehr positive Erlebnis, in denen mich die Assistenzsysteme gut unterstützt haben.

Assistenzsysteme in Autos, insbesondere in Elektroautos, bieten einen erheblichen Mehrwert in Bezug auf Sicherheit, Komfort und Effizienz. Von adaptiven Geschwindigkeitsregelungen über Spurhalteassistenten bis zu Notbremsassistenten – diese Systeme unterstützen Fahrerinnen und Fahrer in vielfältiger Weise und tragen zu einem insgesamt besseren Fahrerlebnis bei. Angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen ist zu erwarten, dass die Bedeutung und die Verbreitung von Assistenzsystemen in Zukunft weiter zunehmen werden, oder wie sich in der EU zeigt, gar zur Vorschrift werden.

Was hältst du von den Assistenzsysteme in Fahrzeugen? Helfen dir die Systeme im Alltag, oder sind sie eher lästig?